Archiv 07/08 1. Spieltag der 4. Mannschaft

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Archiv 07/08 SN 03 IV gegen SC Hiltrup III

Spieltag ist Samstag der 01.09.2007.

Spielbeginn ist 16 Uhr.

Spielort ist das

Lydia-Gemeindezentrum (ev. Kirchengemeinde),

Plettendorfstraße 5, 48161 Münster-Nienberge.

Spielergebnis 4 : 2

Helkenberg, Michael

1557

Steinkamp, Egon

1452

+ : -

Revaux, Christophe

1505

Beyer, Karl-Heinz

1376

1 - 0

Wackernagel, Eckhard

1438

Frühling, Helmut

1418

0 - 1

Dresen, Hans

1271

Ihmig, Rolf

1340

0 - 1

Wallrabenstein, Walram

1355

Link, Heinrich-Wilhelm

( - )

1 - 0

Kemper, Wilhelm

1171

Opalka, Karl

1412

1 - 0

Spielbericht

Spielbericht eines Kampflosen oder "Wer soll das denn alles lesen?"

 

Am vergangenen Samstag war es also wieder so weit: Beginn der neuen Schachsaison 2007 /2008. Für uns brachte sie auch einige Änderungen in der Mannschaftsaufstellung mit sich:

 

Mit Nursel, Willy, Christophe und meiner Wenigkeit kommt eine ordentliche Portion junges und frisches Blut in die Vierte. Bleibt zu hoffen, dass wir am Ende der Saison wegen unerwartet guter Leistungen zur Dopingkontrolle müssen!

 

Angenehmerweise begann es für uns mit einem Heimspiel in der vertrauten Atmosphäre des Lydia-Gemeindezentrums. In der üblichen Grundnervosität (ja, ja, ich weiss Ihr seid ja immer ganz cool) erwarteten wir die Gastmannschaft Hiltrup III in unserem wie gewohnt gekonnt vorbereitetem Spiellokal.

 

Die Hiltrupper kamen zwar gut gelaunt, aber nicht zahlreich. Mit vier statt sechs Spielern, liessen sie zunächst zwei Bretter unbesetzt. Nach einer kleinen höflichen Wartephase begrüsste unser Mannschaftsführer "El Presidente" Eckard Wackernagel charmant wie immer die Gäste und nach der Einweisung bezüglich der Getränke und der Toiletten ("erste links, zweite links und dann rechts, alles 50 Cents") fuhr der Zug ab, d.h. die Uhren nahmen ihren Lauf.

 

Der Gegner von Hans kam dann mit etwas Verspätung, aber meiner liess weiterhin auf sich warten und zwischen den Zeilen hörte ich heraus, dass Egon Steinkamp wohl wegen der erst spät bekannt gewordenen Spieltermine auf einer bereits geplanten Wandertour unterwegs war. Richtig traurig war ich deswegen nicht, drohte uns dadurch doch nicht weniger als der erste volle Brettpunkt der Saison.

 

Vom motivierten "Erstes-Brett"-Debütanten zum Kampflosen in Lauerstellung degradiert konnte ich mich dann in aller Ruhe dem Kiebitzen widmen. Macht auch Spass!

 

Ich wollte am liebsten auch gar nix verpassen, aber anfangs war es gar nicht so leicht, dem hektischen Treiben zu folgen: Beinahe ohne Unterlass klackte hier 'ne Uhr, wurde da gezogen, dann wieder hinter mir unsanft und laut eine Figur aufs Brett gesetzt, gefolgt vom lauten "Tschock" des überaus kraftvollen Drückens auf die Uhr in der Ecke (wahrscheinlich jeweils um den Gegner auch akustisch von der Richtigkeit des eigenen Zuges zu überzeugen).

 

Nach etwa zwanzig Minuten hatte sich dieses Stakkato überall gelegt (end of book?), man vertiefte sich länger in die Stellungen und ich konnte stattdessen wieder das interessante Ticker-Tacker-Tacker-Ticker der sechs Uhren hören.

 

Ich ging fleissig von Brett zu Brett, um den Überblick zu behalten und alle fünf Partien zu verfolgen. Nach einer Stunde Wartezeit gingen wir wie inzwischen erwartet an Brett 1 nach einer Partie ohne jegliche Höhepunkte kampflos mit 1 : 0 in Führung.

 

An Brett 6 hatte es Willy mit einem nach DWZ deutlich stärkeren Gegner zu tun. Von den immerhin 241 Differenzpunkten äußerlich jedoch völlig unbeeindruckt begab sich unser erfahrener "Das kann mich doch nicht schocken"-Kemp(f)er ans Werk und bot dem Gegenspieler nicht nur die Stirn sondern auch deutlich Paroli, denn nach der Eröffnung stand er aktiver und machte mit spitzen Vorstößen Druck am Damenflügel. Dieser Vorteil ging aber im Mittelspiel wieder verloren. Zu diesem Zeitpunkt stand es nach geschlagenen Bauern wie auch getrunkenen Kaffeetassen an diesem Brett ausgeglichen 2:2. Im nun folgenden Abtausch aller Leichfiguren behielt Willy einen Mehrbauern, den er im für beide Seiten gefährlichen Schwerfigurenendspiel beharrlich und sicher auf die siebte Reihe brachte. Dort eroberte er mit seinem Turm sogar noch den zweiten Mehrbauern, was seinen Gegner nach 1 Stunde und 50 Min. aufgeben ließ. Wir führten 2 : 0. Sehr souverän gemacht, Willy!

 

Wie schon als Mannschaftsführer zeigte sich Eckard auch am dritten Brett als perfekter Gastgeber: Nach 1.e4 wollte er gerne den französischen Nachmittag ausrufen, aber nach e6 und 2. c4 traute er sich d5 nicht mehr zu und lud mit Sf6 reichlich gegnerische Figuren ein, sich zunächst an der Pferdejagd zu beteiligen und danach dem schwazen Königshaus einen netten Besuch abzustatten. Wahrscheinlich hatte er noch das Bild vorm Schloss in Erinnerung: wenn die Pferdchen schön hüpfen, kommen viele zu Besuch. Na ja, fünf Bauern folgten prompt dieser Einladung und Eckhard musste bald auf der siebten Reihe feststellen: viele Bauern sind des Läufers Tod. Welch' undankbarer Gast!  Den so wieder erlangten Platz auf dem Brett versuchte Eckard für sich zu nutzen, indem er die bislang versäumte Rochade seines Gegners per Turmausfall attackierte, aber leider ohne nennenswerte Wirkung (später stellte Eckard fest, dass dieser Ausfall ganz übelst hätte bestraft werden können; hatte sein Gegner aber auch übersehen). Beim folgenden Abtausch der Türme blieben irgendwie noch zwei "Wackere" Bauern auf der Strecke, so dass er jetzt eine ganze Figur hinten lag. Ohne mögliches eigenes Gegenspiel wollte Eckhard seinen Gegner auch nicht länger strapazieren und bot ihm nach 2 Stunden und 20 Min. einen Punkt an. Nahm der sofort an. Welch' dankbarer Gast! Somit stand es 2 : 1.

 

An Brett 4 legte Hans einen viel versprechenden Start hin. Besonders lobenswert erwähnen möchte ich, dass Hans ganz kurzfristig trotz dringender Reisevorbereitungen eingesprungen ist. Nochmals Danke, Hans. Jedenfalls schien er die durch die Verspätung seines Gegners verlorene Zeit schnell wieder aufholen zu wollen, denn die Partie entwickelte sich zügig. Nach beiderseits kurzen Rochaden und gegenseitigem Abtasten im Zentrum konnte Hans mit Weiss sein Gegenüber mit einem gefährlichen Königsangriff unter Druck setzen. Dieser litt zusätzlich unter seinem verstellten Damenläufer, so dass Hans weitere Kräfte ins Gefecht bringen konnte. Sah schon ganz prima aus. Aber erstens kommt es anders,... und im Schach sowieso. Denn als ich wieder aufs Brett schaute, war der den Angriff von Hans tragende weisse Springer in eine ätzende Damenfesselung geraten, ausgerechnet durch den inzwischen befreiten Damenläufer. Oh, nein! Dem Gaul war nicht mehr zu helfen. Unter diesem Schock sitzend stellte Hans auch noch seine Dame ein. Es folgte schnell ein nicht mehr abzuwehrender Mattangriff durch den Gegner. Das bedeutete Aufgabe nach 2 Stunden und 28 Min. und einen Spielstand von 2 : 2. Sehr schade.

 

War denn das zu glauben? Es schien als hätten die Sechs-Uhr-Glocken lediglich unsere Gegner aufgerappelt und auch die durch die Holzabtrennung gut zu verstehenden Botschaften des nebenan stattfindenden Gottesdienstes zeigten anscheinend nur bei der Hiltruppe positive Wirkung.

 

Die Ruhe selbst hatte wie üblich Walram am 5. Brett die ganze Zeit über behalten. Nicht, dass er ansonsten grundsätzlich ein Freund allzu hektischer Partieführung wäre, nein, nein, und er hatte auch gar keinen Grund unruhig zu werden. Mit Schwarz spielend hatte er seinen Gegner russisch begrüßt und stand nach der Eröffnung deutlich aktiver. Die Partie entwickelte sich sehr bedächtig. Alle Züge wurde laaange geprüft, bevor sie zu Brett und Papier gebracht wurden. Auch Weiss blieb ständig auf der Hut und so dauerte es anderthalb Stunden bis Walram seinem Gegner eine Qualität abringen konnte. Sauber! Dessen König hatte sich aus seinem Versteck getraut und wurde jetzt angreifbar. Doch Walram ging die Sache erstmal positioneller denn taktisch an. Dabei nervte ihn allerdings der starke weisse Zentral-Springer: der blockte, drohte hier und da, sprang zurück, blockte wieder den Turm und musste schliesslich seiner tierischen Natur folgend auch fressen (d.h. aber fressen und gefressen werden!). Das gab nun Raum für das von Walram souverän geführte Endspiel, in dem sich seine beiden Türme klar durchsetzten. Nach 3 Stunden und 45 Min. hatte sein Gegner eben dieses Einsehen und wir unsere Führung mit 3 : 2 zurück. Prima!

 

So weit so gut. Jetzt kam es also auf das letzte noch offene Brett an, das zweite. Mit dem zweiten spielt man besser, hätte ich gerne gesagt, aber Christophe steckte zu vorgerückter Stunde nicht nur in materiellen Schwierigkeiten, sondern überflüssigerweise auch noch in Zeitnot. Doch vielleicht besser von Anfang an: Christophe wollte heute mit Weiss statt eines Drachens lieber einen Vogel steigen lassen, doch es wurde kein leichter Flug: Schon in der Eröffnung geriet der ungedeckte und verstellte Bauer auf e3 ins Visier der gegnerischen Kräfte. Es bedurfte einiger Anstrengungen, diese Schwäche zu schützen, aber Christophe drängte die Meute geschickt zurück.

 

Hierdurch ermutigt wollte er seinem Vögelchen wohl mehr Luft und Geltung verschaffen und sorgte mit Bauernvorstoß am Königsflügel und Leichtfigurentausch am Damenflügel für mehr Raum. Sein Gegner bremste aber die Bauern und brachte selbst wieder Kräfte ins Zentrum, z.B. einen kräftigen Springer nach e4. Der musste weg! Nach dessen Beseitigung zeigte sich, dass Bauern ihren Monarchen nicht mehr schützen, wenn sie sich im heren Sturm auf und davon gemacht haben. Dieser Wahrheit musste Christophe dann nach gut drei Stunden in Form eines fiesen Spiesses gegen seinen vorgerückten Turm ins Auge blicken. Aua! Das tat weh! Christophe sah aus als hätte er eine dieser gemeinen Zahnschmerzattacken, die zwar ohne Ankündigung, aber dafür mit voller Härte zuschlagen. Auch die von ihm durch den verzogenen Mundwinkel eingezogene Luft hätte dem Sauger der Zahnarzthelferin zur Ehre gereicht. Dabei hatte sich sein Gegner damit sogar einen Zug Zeit gelassen (auch gepennt), aber Christophe nahm leider auch das Raunen der Kiebitze nicht zum Anlass, seinen Turm in Sicherheit zu bringen. Es nützte nix, die Qualle wurde gefressen, die Geier stiegen auf.

 

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich Christophes Partie auch wegen seiner schlechteren Stellung schon gedanklich aufs Hiltrupper Punktekonto gebucht und war für den sich gerade von Walram errungenen Sieg sehr dankbar. Das Mannschaftsremis war also gerettet. Aber erstens kommt es anders, und zweitens..., aber das hatten wir ja schon.

 

Aber zurück ans Brett, denn die Partie wurde nochmal spannend. Obwohl sich Christophe wegen zwei weiterer sagen wir mal "zweitbester" Züge und inzwischen brenzliger Zeitnot eigentlich kaum noch Hoffnung machen sollte, verpasste es sein Gegner, den Sack jetzt zu zu machen. Stattdessen griff er fehl, zwar nur einmal, aber reichlich. Dabei hätte er jede Menge Zeit gehabt. Aber vier Stunden Schach, sind vier Stunden Schach, das schlaucht. Und plötzlich rückte doch tatsächlich einer dieser "abtrünnigen" weissen Königsbauern nochmal vor und legte Feuer auf der siebten Reihe. Jetzt wurde es auch für Schwarz so richtig brenzlig und die Partie zum echten Krimi! Hier ein Blick auf die Partie nach dem 39. Zug von Weiss. Was sollte Schwarz jetzt bloß ziehen?

Christophes Partie




Dieses Mal nahm sich Schwarz - notgedrungen - sehr viel Zeit zum Überlegen. Wir standen dicht ums Brett gedrängt und ich glaube auch die anderen waren wie ich froh, jetzt nicht sitzen und ziehen zu müssen. Mensch, wie konnte das passieren? Eigentlich war der Kuchen schon gegessen. Aber wie heisst es doch gleich: man soll nicht vor dem letzten Stückchen rülpsen, oder so ähnlich? Das ist Schach! Es kippt einfach.

 

Irgendwann nach - für alle - langer und banger Denkphase spielte Schwarz dann endlich seinen Zug: Tc8. Der war schlecht, aber was machte Christophe daraus? Nix - ausser es unerträglich spannend, denn er zog nicht! ... Zog einfach nicht. ... Dabei hing sein Plättchen eigentlich nicht mehr, sondern es klammerte höchstens noch am Zeiger. Immer noch nicht! Mann! Gleich gibt es hier die Bruchlandung! Zieh jetzt! Hätte gerne die Leertaste gedrückt, aber der Kerl hier hiess nicht Fritz sondern Christophe. Dann kommt endlich sein Dh6, der war richtig und just in time! Puh, 40. Zug geschafft! Gut gemacht, Christophe. Alle schnauften hörbar, es hieß kurz aber heftig entspannen und dann weiter, es war noch nicht vorbei.

 

Obwohl die nächsten Züge eigentlich beinahe zwingend waren, liess uns Christophe nochmal zappeln (sag mal, Christophe, machst Du das bewusst für die Galerie oder kommt das einfach so von innen?): er wollte jetzt wohl nichts mehr falsch machen, überlegte richtig lange, bewegte dann seine Hand zu einer Figur, die jetzt aber ganz bestimmt nicht bewegt werden sollte (*schock*), zog die Hand zurück, überlegte nochmal, um dann aber doch den richtigen Zug zu machen. Das machte er jetzt alles routiniert und korrekt. Schwarz hatte nach den verpassten Gelegenheiten nun auch nichts mehr zu melden, wollte sich das Matt aber wohl zeigen lassen. Nach weiteren vier Zügen und insgesamt 4 Stunden und 20 Minuten war das dann auch soweit. Endstand 4 : 2 für uns.

 

Das war in jeder Beziehung die Partie des Tages, mit allem was dazu gehört, inklusive dem glücklichen Ende für uns. The Bird has landed. Chapeaux, Monsieur Revaux!

 

Damit ging dann auch der erste Schachabend der jungen Saison für uns zu Ende und es bleibt zu hoffen, dass wir diesem gelungenen Auftakt weitere Glanzlichter hinzufügen werden. Haut rein!

 

Michael Helkenberg