Archiv-Spielergebnis
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Gesamtergebnis | : |
Westfälischer Frieden 2.0
Das neue Jahr ist noch jung und ganz so lange spielen wir ja noch nicht in unserem schönen Spiellokal am Coesfelder Kreuz, aber dennoch vermittelte die Szene im Gemeindehaus bereits etwas Vertrautes. Wieder hatten sich hier vier Mannschaften eingefunden, um sich gemeinsam dem Rest des Sonnabends dem Schach hinzugeben. Es gab zwar auch Kaffee und Knoppers, aber dass es sich definitiv nicht nur um Zuckerschlecken handeln sollte, zeigten die 32 Namen der Aktiven und ihre Paarungen, die wie üblich an der großen Tafel standen und von Georg nach Begrüßung der Gäste nochmals verlesen wurden. Dann ging es los:
Unsere erste Mannschaft hatte das Pendant aus Ostbevern/Westbevern zu Besuch und wir hatten die erste Mannschaft aus Greven zu Gast. Dort verdient sich inzwischen unser ehemaliger Mitstreiter Ralf Schmidt seine Meriten. Bevor die Bretter freigegeben wurden, hatte ich ihn um der alten Zeiten willen gebeten, doch heute eine Figur einzustellen. Das muss er wohl irgendwie vergessen haben (Anmerkung von Norbert: Nein hat er nicht. Doch leider war der Einsteller nicht offensichtlich genug, so dass er erst bei der sonntäglichen Analyse entdeckt wurde).
Pünktlich mit den 18-Uhr-Glocken fiel die erste Entscheidung am dritten Brett: Bernd spielte die Englische Symmetrievariante, in der sein Gegner mit Weiß ab dem 11. Zug einige Angriffsmöglichkeiten erhielt. Nach weiteren 14 Zügen war die Stellung für beide Seiten wieder sicher. Da keiner aussichtsreiche Angriffs-ideen entwickeln konnte, einigte man sich auf Remis. Spielstand: 0,5 : 0,5.
Ich bekam es am siebten Brett doch tatsächlich mit dem Orang-Utan zu tun! Mein erster Gedanke dazu war: „Ich glaub mich laust der Affe.“ Hätte nicht erwartet, die Eröffnung im Mannschaftskampf mal vorgesetzt zu bekommen. Hatte mir zwar für heute was anderes vorgestellt, aber was soll man machen? Kann man ja nicht komplett ignorieren, oder?
Na ja, so ein bisschen schon, denn Bauernzüge kosten Zeit und während mein Gegner munter Bb5 und Ba4 nachschob, holte ich mal Figuren raus, um der Rochade näher zu kommen. Danach gab es ein Gerangel um die Vorherrschaft im bald verriegelten Zentrum, wir hatten beide tolle Felder, bekamen aber keine Springer darauf. Deswegen versuchte ich, am Damenflügel eine offene Linie zu erhalten, indem ich mal einen dieser vorgepreschten Bauern befragte. Das durchschaute Weiß und sorgte für Figurenunterstützung. Das sah nicht mehr erfolgversprechend für mich aus, also blockierte ich auch den Rest des Damenflügels (solche Stellungen mag ich gar nicht). In der Konsequenz wurde hüben wie drüben munter umgruppiert, um nun am Königsflügel aktiv zu werden. Mit schnellem Bf4 hätte mir Weiß wohl zusetzen können, er zog es vor, zuerst den Springer zu holen, was mir Bf5, gefolgt von f4 und einen Vorsprung beim weiteren Bauernsturm ermöglicht hätte. Dann bot er mir das Remis an. Ich gönnte mir erst einen Blick auf die anderen Bretter (der half aber nicht richtig weiter, ebenso wenig der aktuelle Spielstand) und dann mehrere Minuten auf die eigene Stellung. Hätte schon gerne den Angriff versucht. Aber der weiße Sc4 schielte gierig auf meine Bauern auf b6 und d6, deren Deckung beschäftigte einen meiner Türme und meinen Läufer, während Weiß zwei Türme, die Dame und den Läufer frei zur Verteidigung des König hatte. Sollte mein Be5 weichen müssen, bekäme sein Lb2 mächtigen Druck auf meinen König. Wenn dann alle meine Bauern schon auf und davon wären, könnte es brenzlig werden. So nahm ich sein Angebot dann doch an. Damit stand es um 18:35 Uhr 1 : 1. (Die erste sofort folgende Analyse zeigte schon, dass in der Endstellung kein durchschla-gender Angriff steckte).
Nun ist ja der Westfale schon von Hause aus ein friedliebender Mensch, der trotzdem alles gibt, um beim schachlichen Wettkampf voll zu punkten, aber zu dieser Stunde wehte wohl der unhörbare Hauch der Harmonie durch das Gemeindehaus:
Michael K. hatte an Brett 4 bereits seinem Kontrahenten einen Vorschlag zur Güte unterbreitet, dieser überlegte aber noch.
Am zweiten Brett hatte Jan als Lenker der weißen Figuren nach einer extrem unregelmäßigen Eröffnung aus dem Übergang ins Mittelspiel einen minimalen Vorteil mitnehmen können, der durch einen kleinen taktischen Fehler von Schwarz nun eine Idee größer ausfiel. Als zeitgleich an zwei weiteren Brettern Remis-Gedanken ausgesprochen wurden, „drohte“ nun eine Remis-Lawine losgetreten zu werden. Es wurde immer unruhiger, so dass wir uns von der Ersten einige deutliche und maßregelnde „Pschschttts“ zuzogen.
Also wurde leiser weiter getuschelt. Wie waren die Stellungen einzuschätzen? Links neben mir am achten Brett war sie nach gemeinsamer Auffassung von Michael S. und seinem Gegner total ausgeglichen. Rechts neben mir spielte Renate am sechsten wie gewohnt ruhig und souverän. Sie hatte es mit Weiß relativ schnell geschafft, dem gegnerischen Königsflügel einige empfindliche Löcher zuzufügen und hatte gute Angriffschancen. Nach längerer Spieldauer sah es aber jetzt nicht mehr so klar aus. Neben ihr hatte Norbert am fünften im Londoner System zunächst das Läuferpaar behalten können. Da die generischen Springer allerdings Einbruchsfelder hatten, musste er das Paar doch aufgeben und nach Damentausch war die Luft eigentlich auch raus. Am Spitzenbrett sah es für Rolf eher schlechter aus. Das resultierende 4 : 4 war an diesem Tag für uns etwas schmeichelhaft. Anders wäre es natürlich gewesen, wenn Renate und Norbert ihre Chancen hätten nutzten können. Womit wir wieder mal beim Konjunktiv im Schach wären…
Mit dem Unentschieden ging allerdings auch unsere Serie „Sieg mit Minimal-ergebnis 4,5 : 3,5“ zu Ende. Für diesen Samstag tröstete noch etwas, dass unsere Erste mit genau diesem Ergebnis den Sieg davon tragen konnte, aber in drei Wochen müssen wir uns gegen Dülmen mehr anstrengen! Die haben in dieser Runde gegen Billerbeck gewonnen und uns vom ersten Tabellenplatz verdrängt. Auf geht’s!
Michael H. und Norbert