„Den Nobiles dienen die Populares/Bauern auf unterschiedliche Weise: als Landsmann, Schmied, ..., Spieler oder Taugenichts.“

Aus einer Handschrift nach dem Traktat des Jacobus von Cessolis, Lombardei ca. 1280

Für diesen zweiten Spieltag in der Bezirksliga konnte ich nach langer Zeit mal wieder aus dem Vollen schöpfen. Ich hatte sogar das Luxus-Problem, dass mehr Spieler zur Verfügung standen als gebraucht wurden, was unter anderem daran lag, dass nach mehr als einem Jahr Rolf Jörgensmann endlich mal wieder Zeit zum Schachspielen hatte.

Dieser war es auch, der als erster seine Partie beendete. Mehr als zweieinhalb Stunden war der Mannschaftskampf gegen Beelen alt, als Rolf in einem Schwerfiguren-Endspiel in die Punkteteilung einwilligte. Es war das Ergebnis einer relativ unspektakulären Partie, die aus einer Art „Igel-Stellung“ hervorgegangen war.

Als nächstes folgte quasi der optische Höhepunkt des Abends: Bernd hatte nach einer Königsindischen Eröffnung eine Stellung mit entgegen gesetzten Rochaden (Bernd lang, sein Gegner kurz) auf dem Brett. Bei dem Wettlauf um die Zertrümmerung der jeweils gegnerischen Königsstellung hatte Bernd sogar einen Springer ins Geschäft gesteckt. Aber die Investition zahlte sich aus. Letztendlich wurden g- und h-Linie für Bernds Dame und Türme geöffnet. Sein Läufer konnte sich sogar auch noch am Angriff beteiligen. Dem hatte der Schwarze nichts mehr entgegen zu setzen.

Timon hatte es an dem Tag mit Sizilianisch probiert, was ihm über lange Strecken eine etwas gedrückte Stellung einbrachte. Als er sich einigermaßen befreit hatte, bot er Remis, was sein Gegner ablehnte. Dieser kam dann aber zusehends in dramatische Zeitnot. Dadurch verlor er den Faden, Material und eben auch die Partie.

Bei Lars sah es nach einer Reti-Eröffnung lange Zeit ähnlich unspektakulär wie bei Rolf aus. Doch dann sah ich im Vorbeigehen, wie er eine Bauerngabel zum Figurengewinn anbringen konnte. Somit war die Partie für seinen Gegner natürlich nicht mehr lange zu halten.

Uns fehlte also nur noch ein halbes Pünktchen für ein Unentschieden. Dieses wurde durch Werner geliefert, der mittlerweile nach einer Spanischen Eröffnung in ein Endspiel Springer (Werner) gegen Läufer (sein Gegner) mit gleicher Anzahl Bauern angekommen war. Da die Bauern hier über dem ganzen Brett verteilt waren, hatte ich die Chancen eher bei der Läufer-Partei gesehen. Insofern war ich mit der Punkteteilung sehr zufrieden.

Frank hatte während einer Raucherpause noch verkündet: „Ich komme nicht in Zeitnot.“ Kam er jetzt aber doch! Darüber hinaus verfügte er nach einer Skandinavischen Eröffnung auch noch über weniger Manövrierfreiheit für die vielen Figuren, die ihm noch zur Verfügung standen. Mit einer Sekunde auf der Uhr konnte er aber noch seinen 40. Zug ausführen. Sein Gegner konnte den Raumvorteil nicht nutzen und machte schließlich Remis, was uns schon mal den Sieg sicherte.

Einen überraschenden Punkt steuerte dann noch Michael Kösters bei, der nach einer Skandinavischen Eröffnung einen Bauern eingebüßt und gefühlte drei Stunden auf Verlust gestanden hatte. Zu fortgeschrittener Stunde „vergaß“ sein Gegner offensichtlich beim Abtausch wieder zu nehmen, was Michael plötzlich eine Mehrfigur einbrachte.

Den Schlusspunkt setzte schließlich Jan, der nach 1. e4 mit seinem Lieblingsspringerzug eröffnet hatte. Nach langem positionellem Manövrieren mündete die Partie schließlich in ein Endspiel 2T+L (Jan) gegen 2T+S (Gegner) mit beiderseitigen Bauern. Jans Bauernstellung war aber besser und seine Figuren aktiver, was zu Bauerngewinn und gefährlichen Freibauern führte. Am Ende war es dann ein gewonnenes Turmendspiel, was ein Widerspruch in sich ist, da bekanntermaßen Turmendspiele immer Remis sind...

Fazit allgemein: Der Sieg war in der Höhe sicher sehr glücklich – ein 5:3 hätte dem Kräfteverhältnis wahrscheinlich eher entsprochen. Wir haben aber gezeigt, dass wir uns mit dieser Mannschaft in der Bezirksliga nicht verstecken müssen.

Mein persönliches Fazit:

1. Es ist wahrscheinlich besser, wenn ich beim Rest der Saison auch nicht mitspiele.
2. Zuschauen ist manchmal aufregender als selber spielen.

Norbert

Was der Gegner schreibt: Spielbericht der Beelener.